Diskriminierung wirkt oft gesellschaftlich isolierend und gibt Menschen das Gefühl, handlungsunfähig und machtlos zu sein. In diesem Kapitel sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie betroffene Personen dabei unterstützt werden können, einen selbstbestimmten Umgang mit ihrer Situation zu finden und zu verwirklichen.
Zunächst: Achtet immer auf euch selbst. Self Care ist beim Unterstützen sehr wichtig. Auch ihr müsst eure Grenzen kennen und sehen. Bringt euch in brenzligen Situationen nicht selbst in Gefahr. Seid bei der Unterstützung nicht allein! Arbeitet immer mindestens zu zweit, um euch auch gegenseitig zu unterstützen.
Häufig ist es hilfreich, erstmal eine reizarme Umgebung aufzusuchen und eine räumliche Trennung von der stressauslösenden Situation oder Person zu schaffen. Dafür bietet sich ein Awareness-Raum als Rückzugs- und Ruheort an ( → Materialiencheck).
Je nach Situation kann es erstmal am wichtigsten sein, Bedürfnisse zu erkennen und auszudrücken. Es kann auch darum gehen, Gefühle der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins zu überwinden, persönliche Grenzen zu ziehen und anzuerkennen. Für jede Person und Situation gibt es individuelle Lösungen und Ansätze. Ein konkreter „Hilfeleitfaden“ macht keinen Sinn. Bei der Unterstützung sollte ein Rahmen geschaffen werden, in dem das Geschehene aufgefangen wird und eigene Handlungsstrategien entwickelt werden.
Es ist wichtig, dass die Unterstützenden aktiv zuhören. Betroffene Personen sind immer Expert*innen des eigenen Erlebens und wissen selbst am besten, was sie brauchen und was helfen kann. Meist reicht es, danach zu fragen. Bei sichtlicher Überforderung können Möglichkeiten angeboten werden. Die Vermeidung von Diagnosen, Bewertungen und Zuschreibungen, also ein Arbeiten auf Augenhöhe, ist sehr wichtig. Wir verwenden nicht den Begriff “Opfer”, da er Betroffenen eine passive Rolle zuschreibt, stigmatisiert und teilweise als Beleidigung benutzt wird. Die Wahrnehmung der Person sollte nicht in Frage gestellt werden. Was als Gewalt/Diskriminierung/Grenzüberschreitung wahrgenommen wird, ist für die betroffene Person auch so. Die Wahrnehmung als außenstehende Person kann (stark) davon abweichen. Es geht nicht um eine allgemeine Wahrheitsfindung, sondern um die Anerkennung einer individuellen Erfahrung. Generell steht die Awareness-Person auf der Seite der Menschen, die eine übergriffige Situation erlebt haben. Alle Gespräche unterliegen der Vertraulichkeit.
Jede Situation ist individuell. Es gibt jedoch verschiedene Haltungen und Verhaltensweisen, an denen ihr euch orientieren könnt. Sprecht in eurer Gruppe darüber ab, welche Rollen ihr einnehmen könnt und wollt und welche nicht (Detektiv*in, Richter*in, Interessensvertretung…). Rollenspiele sind eine Möglichkeit, das eigene Kommunikationsverhalten zu reflektieren.